Mit dem H-Boot im Englischen Kanal
Trailerfahrt (rd. 265km) vom Essener Baldeneysee – Yachtclub Ruhrland – nach Hellevoetsluis/Haringvliet in den Niederlanden. Dort eingekrant und seeklar gemacht. Von Hellevoetsluis via Seeschleuse Stellendam nach Oostende/BEL (Nachtfahrt). Weiter nach Dünkirchen/FRA – Calais/FRA – Dover/UK – Eastbourne/UK – Boulogne sur Mer/FRA (Nachtfahrt) – Dünkirchen/FRA – Blankenberge/BEL – Hellevoetsluis via Schleuse Stellendam/Haringvliet (Nachtfahrt). Auskranen und Trailerheimfahrt zum Essener Baldeneysee.
Sollte der Sommertörn im vorigen Jahr wegen diverser Misslichkeiten ausfallen, so muss es 2014 aus Familientermingründen recht früh losgehen. Also lenke ich mein Gespann bereits an Fronleichnam nach Holland, wo ich von Zeeland aus in die Nordsee starten möchte. In Hellevoetsluis am Haringvliet wird eingekrant, ausgerüstet und seeklar gemacht. Die Marina Cape Helius ist bestens für einen komfortablen Aufenthalt geeignet, gerade für Kleinboote ohne Badezimmer(!) und so genieße ich noch einige Tage mit meiner Freundin Heike die Fußball-WM an Land. Das dies 1½ Tage länger dauert, als gewünscht, verdanke ich einem Defekt in der Bordelektrik. Ein Kablebruch ist per Fachmann schnell behoben, aber es hat bis zur Erkenntnis gedauert.
Durch die 3 sm entfernte Schleuse von Stellendam – Goereese Sluis – geht es schließlich auf See, während Heike mit meinem Wagen heimfährt. Am frühen Abend segelt Semper Fidelis bei guter Brise aus NW dem Sonnenuntergang mit Kurs WSW entgegen. Einhand soll es gen Westen gehen. So weit, wie Wind und See es in 3 Urlaubswochen zulassen. Am anderen Morgen will ich fürs Erste Oostende peilen und dann weiter entscheiden ...
Die erste Nacht ist ruhig und mild, der Wind ist schwach geworden. Nun gewöhne ich mich an Dümpeln und Lärm der Segel im nimmer stillen Kabbelwasser bzw. Seegang. Die zahlreichen Baustellen der Offshore-Windkraftanlagen irritieren mit gigantischem Scheinwerferlicht. Die Grossschifffahrt aus der Westerschelde hingegen bleibt erstaunlich unauffällig und so kommt der Skipper recht entspannt durch die erste Nacht. Im Morgengrauen liegt Oostende erwartungsgemäß voraus. Da war bereits die niederländische gegen die belgische Gastlandflagge getauscht. Die große Mündung des Hafenkanals macht das Einsegeln recht einfach, der Außenborder kann bequem im ruhigen Wasser gestartet und die Segel können in aller Ruhe vor der Einfahrt zum Royal Nordzee Yachtclub (RNYCO) geborgen werden. 65,7 sm sind für 15 Std. Segelzeit erstmal nicht schlecht. Wie im hohen Norden, so liegen auch hier die meisten Yachten vierkant mit Heckmooring am Schwimmsteg, von einigen Privilegierten abgesehen. Es macht sich hier bereits ein ordentlicher Tidenhub bemerkbar und so erklärt sich auch die Länge der Brücke/Gangway, mittels derer der Landgang ermöglicht wird. Man ist gleich auf einer belebten Hauptstraße, links geht’s in den Trouble der Stadt, rechts auf die Promenade und zum Strand; klasse. Aber hier soll ja nicht Schluss sein, nix Touriurlaub! Das Wetter ist günstig, die Brise sanft und da hält es den Segler nicht lange im Hafen ...
Dünkirchen interessiert mich als nächstes Ziel, eine kurze Tagesetappe von rd. 33 sm, Entspannung. Beim Landfall macht sich mir zuerst eine dunkle Industriekulisse bemerkbar, danach eine Art Ruhrgebietsluft aus den 60ern. Viel später erst der dunkle Leuchtturm auf der Mole. Ich segle bei milder Abendsonne in den Hafenkanal von Dunkerque Port Est. Freundlicher Empfang / Hilfe in der Marina Port Grand Large. Ein Leistungszentrum der franz. Olympiasegler. Klasse Atmosphäre, prima Hafenbistro, ein paar tolle Heizgeräte am anderen Steg. Mit der Verständigung wird es allmählich wieder. „Alzheimer“ scheint sich ganz besonders im fremdsprachlichen Bereich bei Einhandseglern bemerkbar zu machen ... Zum Glück gibt es geduldige und verständnisvolle Leute. Euch sei Dank!
Anderntags bekomme ich charmanten Besuch aus der Heimat. Nun segle ich mit Heike die nächste Etappe nach Calais. Dort wollen wir ihren Geburtstag feiern. Hatten wir uns so gedacht ...
ETA war für 18.00 + (?) ausgerechnet. Im küstennahen Fahrwasser vorbei an den Hochöfen Dunkerques und der lebhaft befahrenen Einfahrt des Hafens Dunkerque Port Ouest. Hier ist fein auf die RoRo-Fähren von England zu achten! Anschließend geht es mit großem Bogen über See, um die zahlreichen Untiefen vor der Küste sicher im Süden zu lassen. Wir laufen Calais zunächst aus N, dann von Westen aus an. Als wir schließlich gegen 20.00 (dem Skipper wurden bereits unangenehme Fragen gestellt!) vor den Wellenbrechern der Einfahrt von Calais Port stehen (die letzten 3 sm mussten gegen ablaufend Wasser aufgekreuzt werden), lassen uns die Lotsen nicht hinein. Ja, ja, die lieben Kanalfähren. Wir müssen bei auffrischendem Wind 1 h lang vor der Einfahrt kreuzen, bis von den franz. Hafenlotsen per IPTS-Lichtsignale die Einfahrt frei gegeben wird. Um in die Marina Bassin de l’Ouest zu gelangen, muss man ein Sperrtor plus Brücke passieren. Beides öffnet nur 2 h vor bis 2½ h nach HW. Wir sind in der Zeit und warten geduldig. Es tut sich aber nichts, Funken nicht möglich weil Akku leer (nicht aufgepasst, mein Fehler), Telefon wird nicht beantwortet. Also verbringen wir die Nacht an den dafür ausgelegten Moorings von Calais Port. Wegen des angenehmen Wetters wird das Cockpitzelt nicht aufgezogen. Der Chef an Bord fertigt nun das Geburtstagsdinner persönlich auf zwei Flammen Spiritus und mit dem passenden Kaltgetränk aus dem Weinkeller (Bilge) kommt das gar nicht so übel an. Improvisation ist schließlich das halbe Fahrtenseglerleben. Kurz nach dem Frühstück bekommen wir Besuch von der “schwarzen Gang“. Ein großes Schlauchboot mit 1 Zöllner und 2 Polizisten, einem weiteren an Land abgesetzt, verlangen Papiere und Auskunft über dies und das. Wir unterhalten uns nett und freundlich (grins), bieten vergeblich Kaffee oder Tee an und schon sind sie nach nur ½ h weiter zum nächsten Boot. Das wird dann richtig auseinander genommen … Sie wollten es wohl nicht glauben, dass man mit einem H-Boot hier ... Nun, ich konnte es ihnen wohl doch vermitteln.
Die 1½ Tage in Calais sind wirklich schön, das Wetter spielt bis Heikes Abreise mit. Es gibt eine bequeme, schnelle Busverbindung nach Dunkerque. Nun steht für mich der Sprung über den Kanal an. Bei günstigen W 5 sollte es ein kurzes Scharmützel werden. Rasmus meint es aber anders. Der Wetterbericht stimmt nur in den ersten 3 Stunden. Gerefft ausgelaufen habe ich genau mitten im Kanal Flaute, 3 h lang. Das nervt richtig! Die Segel schlagen und machen einen mords Lärm, der AB kann wegen des Seegangs nicht genutzt werden. Die Schraube wäre mehr als die halbe Zeit in der Luft und das täte dem Motor gar nicht gut.
Zunächst kreuze ich bis nördlich Cap blanc Nez auf, um genügend Freiraum zu der stark frequentierten Stecke der Fähren zwischen Calais und Dover zu haben. Ziel ist es, Dover westlich der Fährlinie zu erreichen und per Entry West einzulaufen. Dank Flautendümpelei komme ich mit der Strömung ca. 2,5 sm östlich von Dover aus. In deutlicher Sichtweite der white Cliffs kommt glücklicherweise wieder Wind auf und so ist es ein Klacks, den Besteckversatz auszusegeln.
The white Cliffs, wow, Semper Fidelis dort. Ein erhabener Moment für mich auf dem kleinen Boot.
Bei der obligatorischen Funkanmeldung gibt’s die typisch englisch-freundliche Begrüßung „good afternoon, Sir“. Man lässt mich bequemerweise vom Osteingang quer durch den riesigen Vorhafen fahren, vorbei an allen Fährterminals. Das ist doch mal ein angemessener Empfang für ein “Dickschiff“ vom Baldeneysee oder? Vermutlich haben sie sich über die deutsche Nussschale schlappgelacht und haben ihren Spaß, aber den habe ich auch. In der Marina Dover, dem Granville Dock, wird der Liegeplatz per Funk zugeteilt und dann steht der Stuff auch dort, um die Leinen anzunehmen! English service und „good afternoon, Sir“. Vermutlich haben Sie eine dicke Yacht erwartet, ist aber doch unerwartet nett. Im Wellington Dock, gleich hinter der Brücke, liegt ein Megakatamaran, auf dem eine Kajüte vom Format eines Einfamilienhauses ruht. Da komme ich doch ins Staunen. Zu meiner Verwunderung werden keine Papiere kontrolliert. Der kurze Weg ins trist anmutende Städtchen erlaubt den Blick auf die Burg Dover Castle oberhalb von City und Hafen. Ein schöner Anblick in der Nachmittagssonne. Ein paar Bierchen im Pub “to the 8 bells“ gegenüber dem Dom stimmen mich angenehm auf England ein.
In Dover habe ich Gelegenheit, eine kleine aber ärgerliche Leckage im Deck zu beheben. Sie hat dazu beigetragen, dass der Schlafsack im Vorschiff nicht zu sehr staubte. Es ist die Decksdurchführung des Mastkabels. Ein freundlicher Stegnachbar gibt mir netterweise seine Spritze, mit der er dem Teakdeck seines Kutters der Art “Wanderer III“ neue schwarze Fugen verpasst. Na dann eben mal ausnahmsweise schwarz. Hauptsache dicht, sieht doch keiner … und die Koje bleibt wieder trocken.
Dover Marina hält mich im Grenville Dock einen Tag zu lange fest. Das Sperrtor wird nicht – wie im Hafenhandbuch verzeichnet – geöffnet. So ist der beste Strom bis mittags vorbei und für mich ist der Segeltag gelaufen. Ärgerlich. Mein Zeitfenster schmilzt dahin …
Am nächsten Tag geht’s aus dem Tidal Harbour von Dover wegen Schwachwind und späterer Flaute nur bis Eastbourne, also parallel zur Küste von Kent und East Sussex. Im küstennahen Bereich sind zahllose Stellnetze ausgebracht, die teils sehr dicht unter der Wasseroberfläche gespannt sind. Ich will mir beim Driften in der Dunkelheit keine unnötigen Komplikationen einfahren und verzichte deshalb auf die zunächst beabsichtigte Nachtfahrt bis Newhaven oder Brighton oder weiter …, vorbei an Beachy Head. Ich muss erkennen, das ist bei Schwachwind nicht zu schaffen, bin ich doch mit diesem Boot aufs reine Segeln angewiesen. Die allermeisten Yachten habe ich brummend erlebt, gefühlte 95%. Im Seegang funktioniert das mit Außenborder nicht. Außerdem habe ich keinen Tanker im Schlepptau. Ein Schweinswaal kreuzt wie zum Trost mein Kielwasser. Na ja. Nach dem Passieren von Hastings, etwas nördlich von Lth Royal Sovereign, wo bei entsprechendem Wetter – nicht heute – Overfalls zu erwarten sind, verlässt mich die schwache Brise vollends; übel. Die allerletzten Meilen laufe ich dann unter AB, um mit dem letzten Büchsenlicht bei Niedrigwasser durch das enge, unbefeuerte Wattfahrwasser in die Schleuse von Eastbourne einzulaufen. Es gibt nicht mal eine Festmachmöglichkeit vor der Schleuse (Kriese !!!), aber wie durch Gedanken gerufen – in meinem Falle per UKW-Kanal 17, öffnet sich die Nordkammer und alles ist gut. Es ist bereits finster, bis der Schleusengang beendet ist, ein freundlicher Stuff mir eine Hafenskizze mit Liegeplatzanweisung in der Schleuse aushändigt und ich schließlich in die luxuriöse Marina Sovereign Harbour einlaufe. Der ganze Hafen ist von hohen Appartementbauten eingerahmt, jede Menge Bistros und ein Supermarkt der Superlative. Überall Freundlichkeit hoch 3. Hier, wie schon in Dover, habe ich nette Segler kennen gelernt, sogar frühere H-Boot-Segler von der Flensburger Förde.
Sooo gerne wäre ich weiter westlich gesegelt, die Isle of White ist nur noch 24h entfernt, aber mein Zeitfenster ist eng und es kündigt sich ein Sturmtief bei Island an. Ich bin bereits einige Tage „zu spät dran“ und irgendwann ist das Tief da und ich sitze womöglich für Tage fest. So beschließe ich, vorsorglich die englische Südküste zu verlassen und segle mit der Abendsonne im Kielwasser in einer traumhaften Nachtfahrt. Eine gute Brise aus SW, lässt mich den Kanal im passenden Winkel kreuzen. Der Mond beleuchtet die See bis Mitternacht rund um Semper Fidelis silbrig kalt. Nach Mitternacht dann ein Sternenhimmel, der alles Dunkel verschwinden lässt. Die endlose Weite des Firmaments eröffnet sich dem Seglerherzen. Ein Boot, das (bei Wind) oft im Bereich der Rumpfgeschwindigkeit segelt. Mensch, was willst Du mehr ...
In der zweiten Nachthälfte nimmt der Wind stark ab, so dass sich die restliche Strecke zieht. Nach Sonnenaufgang stehe ich vor Boulogne sur Mer. Ein Kriegsschiff der franz. Marine übt mit Schnellbooten auf meinem Kurs. Im Verlauf des frühen Morgens lässt es sich bequem einsegeln. Die See ist wegen des flauen Windes in der Nacht ruhig und so erledige ich bereits weit vor der schützenden Hafenmole alle Decksarbeiten in Ruhe und schmeiße den Jockel an. Irgendwie beschleicht mich ein bedrückendes Gefühl, während ich die grauenvoll vergammelten Bunkeranlagen auf der W-Mole passiere. Der bei Hochwasser überspülte Ruinenbau der E-Mole zeigt sich zum Glück jetzt, dank Niedrigwasser, deutlich. 13½ Std. hat Semper Fidelis für die 52,1 sm diesmal gebraucht. Tja, die Flauten prägen auf diesem Törn meine Etmale.
Fährt man nicht in die abgeschleuste Marina Bassin Napoleon, sondern ganz durch bis ins Städtchen, dann liegt man in der Marina Quai Chanzy gegenüber dem Fischmarkt am Quai Gambetta. Na, da ist was los am Freitagmorgen. Ein lebhaftes Städtchen und mein Liegeplatz mittendrin. Das spannende WM-Spiel Frankreich – Deutschland lasse ich mir nicht entgehen. Ich bin von den französischen Fußballfans begeistert. Egal ob Männlein oder Weiblein, alle fiebern leidenschaftlich mit ihrer Mannschaft auf dem Rasen. Und alles in einer angenehm, freundlichen Atmosphäre. Daran ändert auch die Niederlage nichts. Eine schöne Erfahrung.
Nach zwei Tagen soll es rund Cap Gris-Nez vorbei Calais bis Dunkerque Port Est gehen. Frühmorgens Nebel mit Flaute. Ich tuckere mit meinen 4 PS vorsichtig zur Hafenausfahrt. Kein Schiffsverkehr. Jenseits der Molenköpfe gibt‘s eine stetig kräftiger werdende Brise, die mich zügig nach N bringt. Aus dem schmutzigen Kanalwasser lacht mir ein Seehund hinterher, wer hätte das gedacht. Leuchtturm Cap Gris-Nez ist mit dem Glas nur als schwacher Schatten zu erahnen, aber immerhin, der Kurs ist richtig, der OG passt. Also weiter und auf die Fähren bei Calais freuen. “Rodin“ hat mich in ihr Herz geschlossen, der Kapitän kann vermutlich H-Boote nicht leiden. Sein Handicap. Auf den letzten 10 sm vor Dunkerque liefert sich Semper Fidelis mit dem ein und anderen RoRo-Schiff auf Parallelkurs kurze Wettfahrten. Es hat nämlich kräftig aufgebrist und mit rd. 6 Bft im Rücken wird SF mit Vollzeug auf den schiebenden Wellen gigantisch schnell. Kurz vor dem Zielhafen habe ich keine Neigung noch zu reffen. Verwunderlich nur, dass keine See einsteigen will, wo sie mich doch von achtern und seitlich jeweils mächtig höher als Deck oft lange begleiten, bevor sie nach vorn brechen und unten durchrauschen. Dann wird das Boot wieder langsam. Jetzt nur fein aufpassen, der Pinnenpilot schafft das nicht mehr. Patenthalse droht. Handarbeit ist angesagt … An Fotografieren ist nicht zu denken, zum Navigieren muss ich klassisch beiliegen.
Nach der Rauschefahrt ist Dunkerque die vorletzte Station meiner kleinen Reise. In der Marina des Yachtclub de la mer du nord liegt man erheblich komfortabler, als zuvor im Port Grand Large. Es ist auch ein klein bisschen näher zum Städtchen. Am nächsten Tag geht es via Blankenberge zurück zum Scheldedelta. Nicht, ohne vorher noch das Sturmtief abzuwarten. Es ist mein Glück, dass ich die Reise nicht gleich am nächsten Tag bei Flaute fortgesetzt habe. Es wäre mir kaum gelungen, vor dem herannahenden Sturm noch eine sichere Bleibe zu finden und draußen war’s unkomod. Die Brecher gehen bis über das hohe Ständerwerk der Wellenbrecher von Blankenberge. Neun Bft. Sieben Festmacher bzw. Springs habe ich am Steg des VZW im Nieuwe Haven ausgebracht! Das Boot tanzt am Steg. Nicht nur GER 1176 läuft heute und morgen nicht aus. Ich wundere mich, dass das Cockpitzelt hält. Die 3 Tage Aufenthalt fuchsen mich, erst Flaute, dann Sturm, dann Starkwind. Doch die Sicherheit muss oberste Priorität behalten!
Unter solchen Bedingungen ist der ein und andere Hafen- oder Sightseeingtag an Land ganz vertretbar. Mit der Küstenstraßenbahn mache ich mich auf den Weg nach Zeebrugge. Eine nette Crew aus Torquay/UK lerne ich dort kennen, die sich ganz knapp vor dem Sturm mit ihrer Hanse 37 hierhin geflüchtet hat. Am Fischereikai versorge ich mich mit Frischfisch für die Pantry. Eine kleine Entschädigung für entgangene Seemeilen !?! Nach Hellevoetsluis geht‘s dann eben später …
Ich bin doch recht froh über die Wahl meines kleinen Außenborders. Hat er mich doch mit seiner Arbeitsschraube kraftvoll und verlässlich über die relativ hohe Dünung zwischen den Wellenbrechern von Blankenberge und weiter hinaus geschoben, bis ich genug Raum habe, Segel zu setzen. Wieder mit frischem Wind und Reff bei hoher Dünung gestartet und wieder mit Flaute des Nachts gedriftet. Vor der holländischen Küste mal Richtung Hoek van Holland und mal zurück Richtung Zeebrugge. Die Segel schlagen erbärmlich. Aber in den frühen Morgenstunden ist das Wasser so glatt, dass der AB nicht mehr austaucht und somit schön schieben kann. Nach weniger als einem Stündchen Motoren ist das Slijkgat erreicht. Das ist jetzt wenigstens friedlich, wir haben auflaufendes Wasser. Der Sonnenaufgang gestaltet sich heute bei Nebel wenig romantisch. Vorsichtige Marschfahrt. Ein paar Sportfischer rauschen mir allerdings in Kamikazemanier entgegen, aber doch vorbei. Schutzengel gehabt. Ich schleuse gegen 6.00 Uhr morgens als Einziger in Stellendam binnenwärts. Nach kurzer Motorfahrt (3 sm) bei Flaute und Morgennebel liegt das Boot unter dem Kran des WSV. Jetzt erstmal 1 Stündchen Schlaf und dann vom Enkelchen telefonisch wecken lassen ...
Der Tag verläuft typisch für ein Törnende und ich freue mich, dass Heike mich und mein Boot abholt. Zum Abschied wünschen wir den freundlichen und hilfsbereiten Holländern Glück für ihr letztes WM-Spiel und sie laden uns zur Wiederkehr an den Haringvliet ein. Schau‘n wir mal ...
Insgesamt bin ich zufrieden mit dem Törn. Skipper und Boot sind intakt geblieben. Der Wind hätte verlässlicher sein dürfen, aber es gab milde Temperaturen und wenig Regen. Das Revier ist ein wenig anspruchsvoll, das Boot hat sich auch im rauen Wasser bewährt. GER 1176 hat in den 3 Wochen trotz Flauten und Ausfalltage (Ein Sturm-, ein Starkwindtag, ein Docktag, 1½ Reparaturtage zu Beginn) 405,1 sm im Kielwasser gelassen, davon 23,5 sm unter Motor = 5,8% und alles ohne Blessuren.
Michael Röhrig
GER 1176
Prämierter Segeltörn
Unserem Beauftragten Fahrtensegeln wurde vom Seglerverband Nordrhein-Westfalen für seinen Törn in den Englischen Kanal mit dem Wanderpreis Küste geehrt.
Die Vorstandskollegen gratulieren Michael sehr herzlich zu dieser Ehrung.