Gardasee: Zehn Tage ideales Segeln
Alpenpokal und WM: Der Gardasee ruft und alle kommen
44 H-Boote und ihre Mannschaften aus Deutschland, Finnland, Österreich, Schweden, der Schweiz, Norwegen und Dänemark trafen sich vom 15. Juli bis zum 17. Juli am Gardasee zum 31. Alpenpokal, ausgerichtet von der Fraglia Vela Malcesine (FVM) in Navene. Mit 23 Teilnehmern kamen mehr als die Hälfte aller Regattateilnehmer aus der Deutschen H-Boot Klassenvereinigung. Bedingt durch den vor allem nachmittags wehenden Ora (durch thermischen Sog verursachter Südwind), fanden die Wettfahrten bei bis zu 4 Windstärken eher in der zweiten Tageshälfte statt. Die hohen Temperaturen bis 35° erlaubten Sommersegeln in T-Shirt und kurzer Hose. Viele Teilnehmer an der anschließenden Weltmeisterschaft nutzten den Alpenpokal zum Training und für letzte Vorbereitungen. Dadurch war es der am besten besuchte Alpenpokal der letzten zehn Jahre.
Mit acht Punkten Abstand auf den Zweitplatzierten gewann Andreas Kunze vom Münchner Yacht-Club (MYC) souverän den Alpenpokal. Auf den zweiten Platz in der Gesamtwertung segelte Andreas Buchert vom Bodensee Yacht Club Überlingen (BYCUe) in Berlin. Dritter wurde Vesa Luhtanen aus Finnland. Hinter dem Sieger und dem Zweiten, konnten sich noch Thilo Beuster (4.), Peter Zauner (5.) und Dirk Stadler (7.) unter den besten zehn Teilnehmern platzieren – ein Leistungsniveau der deutschen Segler, das ähnlich auch bei der WM zu sehen war.
Direkt im Anschluss an den Alpenpokal trafen sich am 18. Juli 70 internationale H-Boot Crews zur Weltmeisterschaft. Diese wurde zum ersten Mal seit zehn Jahren wieder auf dem Gardasee ausgetragen. Der ausrichtende Verein war ebenfalls die Fraglia Vela Malcesine. Bemerkenswert für die Größe der Teilnehmerflotte ist, dass mit 70 Teilnehmern die für eine Weltmeisterschaft maximal mögliche Anzahl der Wettbewerber erreicht wurde. Neben 29 Mannschaften aus Deutschland, nahmen 15 Dänen, 8 Schweden, 7 Finnen, 5 Österreicher, 3 Norweger und 3 Schweizer an der Regatta teil.
Die Weltmeisterschaften begannen mit einer völlig unproblematischen Vermessung. Die Teilnehmer wurden am Sonntagabend mit einer schönen Eröffnungsfeier in einem kleinen Park mitten in Malcesine offiziell begrüßt. Die Präsentation der Nationalflaggen durch Opti-Kinder, das Abspielen der Hymnen und ein paar angenehm kurze Ansprachen bildeten den förmlichen Rahmen, bevor ein schönes Eröffnungsbüffet lockte. Auch lange Schlangen am Getränkeausschank taten der guten Stimmung keinen Abbruch.
Bei warmen und sonnigen Wetter startete am Montag die erste von acht Wettfahrten. Es wurde schnell deutlich, dass ausreichend Trinkwasser an Bord und Lichtschutzfaktor 50+ zwingende Voraussetzung bei dieser Meisterschaft waren.
Der erste Start war turbulent. Auf Grund einer zu kurzen Startlinie und einem sehr nervösen Feld, wurde er zunächst unter „P“ mit anschließender Black Flag 3 mal unter „AP“ abgebrochen. Der vierte Versuch gelang dann. Robert Huber vom Deutschen Touring Yacht Club (DTYC) gelang ein perfekter Start von der Leeboje. Schon an der Luvboje führte er deutlich und genoss nach eigener Aussage das Bild 69 H-Boote unter Spi hinter sich segeln zu sehen. Er und seine Mannschaft konnten ihren Vorsprung ins Ziel bringen und gewannen die erste Wettfahrt. Auf den zweiten Platz segelte Thilo Beuster von der Seglergemeinschaft Scharmützelsee (SGS). Direkt anschließend wurden die Läufe 2 und 3 gestartet. Hier setzten Die dänischen Segler ein Zeichen, indem Claus Hoj Jensen den zweiten und Claus Hougaard den dritten Lauf gewannen. Helmut Claussen vom Wiking Yacht Club (WYC) ersegelte im dritten Lauf einen zweiten Platz. Der Tag endete mit der wunderbaren, traditionellen Pasta-Party beim gastgebenden FVM.
Die Wettfahrten am Dienstag begannen erst am Nachmittag bei Südwind, da der Vento nur schwach wehte. Die Ora brach leider während des ersten Laufes zusammen und setzte dann am Ostufer erneut ein. Der Lauf wurde von Henrik Edman aus Schweden und seiner Crew gewonnen. Zweiter wurde die Crew von Gerhard Fuchs vom Bodensee-Yacht-Club Überlingen (BYCU). Für die nächsten beiden Läufe stabilisierte sich der Wind wieder. Den insgesamt fünften Lauf gewann Poul Jensen aus Dänemark bevor der sechste Lauf erneut von Henrik Edman für sich entschieden wurde. Erich Offermanns vom Aachener Boots-Club Rursee (ABC) ersegelte im fünften Lauf einen dritten Platz und Bernd Zimmermann vom Tegeler Segel-Club (TSC) ebenfalls einen dritten Platz im sechsten Lauf. Auch für Nichtsegler im Gefolge der Crews war es ein spannender Tag. Sie konnten im Hotel per Internet das Live Tracking verfolgen oder mit Flavio Scala auf einem riesigen Schlauchboot das Regattageschehen direkt auf der Bahn verfolgen. Bei sommerlichen Temperaturen klang der Abend auf der Terrasse des FVM mit einem wunderschönen Gala-Dinner aus.
Mit Startbereitschaft um 13 Uhr ging es am Mittwoch weiter. 35°C und Südwind empfingen die Segler auf dem Wasser. Eine kleine Regenwolke über dem Monte Baldeo sorgte für eine verspätete Thermik und in Folge für eine Startverschiebung. Nachdem sich jedoch 3 Windstärken aus Süd durchsetzten, konnten zwei schöne Wettfahrten gesegelt werden. In der ersten setzte der Schwede Henrik Edman seine Siegesserie vom Vortag fort. Die Mannschaft um Dirk Stadler vom Segel- und Ruderclub Simsee (SRS) errang einen dritten Platz. Zu Beginn der zweiten Wettfahrt wurde die Lust der Teilnehmer am Regattieren und der sich verstärkende Kampf um die Platzierungen deutlich. Nach einer Frühstartorgie mussten mit 17 Teilnehmern fast 25 Prozent der Segler die Wettfahrt mit BFD beenden. Dies sorgte abends noch für lebhafte Diskussionen, ob man BFD-Frühstarter nicht am Luvfass von der Bahn holen sollte, um eine Beeinflussung des restlichen Feldes zu vermeiden. Die zweite Tageswettfahrt gewann Anders Bertelsen aus Dänemark. Generell segelte das Feld an diesem dritten Wettkamptag sehr dicht zusammen. Das führte an den Bojen zu engen Manövern, wenn teilweise um die 30 Boote gelichzeitig am Gate ankamen.
Da auch am letzten Wettkampftag die Startbereitschaft erst für 13 Uhr angesetzt war, konnten alle Segler erst einmal ausschlafen und so die Kräfte für den Endspurt sammeln. Dieser sollte jedoch nicht mehr stattfinden. Trotz starken Windes am Morgen, setzte sich entgegen aller Wetterberichte am Monte Baldo eine Gewitterzelle fest. Sie sorgte zum ersten Mal seit Wochen für starken Regen, der die Thermik abstellte. Gegen 14.30 Uhr wurde klar, dass innerhalb des Zeitlimits kein weiterer Start mehr möglich sein würde. Damit Endete die H-Boot Weltmeisterschaft 2015 nach 8 Läufen.
Weltmeister wurde zum fünften Mal und zum dritten Mal in Folge Claus Hoj Jensen vom Holbaek Sejlklub in Dänemark. Auf dem zweiten Platz folgt ihm mit einer sehr konstanten Leistung und sechs Platzierungen in den Top Ten Dirk Stadler vom Segel- und Ruderclub Simsee (SRS). Der dritte Platz ging ebenfalls nach Dänemark an Claus Hugaard vom Sejlklubben Neptun Vejle.
Nach Abschluss der Regatta bewies die Landmannschaft des FVM erneut ihre Professionalität. Trotz Temperaturen über 30 Grad und nahezu 100% Luftfeuchtigkeit wurden innerhalb von drei Stunden
50 H-Boote ausgekrant, auf die Hänger verladen und auf dem Parkplatz nach geplanter Abfahrtzeit sortiert abgestellt. Respekt und vielen Dank!
Abends fanden das abschließende Essen und die Preisverleihung in der „Speck Stube“ statt. Alle Sieger der Einzelläufe wurden mit einem Karton Wein prämiert. Dabei wurde Henrik Edman viel Spaß mit dem schwedischen Zoll gewünscht, denn er nahm drei Kartons mit nach Hause. Der Vorsitzende des gastgebenden FVM zeichnete anschließend die Top Ten der Gesamtwertung aus, angeführt von dem souveränen Sieger Claus Hoj Jensen. Mit fünf Platzierungen in dieser Spitzengruppe brauchen sich die Vertreter der Deutschen H-Boot Klassenvereinigung aber auch nicht zu verstecken. Mit dem Vizeweltmeister Dirk Stadler (SRS) sowie Erich Offermanns (ABC) auf dem 6. Platz, Peter Zauner vom Yacht Club Seeshaupt (YCSS) auf dem 7. Platz, Helmut Claussen (WYC) auf dem 9. Platz und Robert Huber (DTYC) bei seiner ersten WM-Teilnahme auf einem hervorragenden 10. Platz wurde das aus deutscher Sicht seit vielen Jahren beste Ergebnis auf einer Weltmeisterschaft erzielt. Die Siegerehrung mündete in einen wunderschönen, feuchtfröhlichen Abend, der für einige Teilnehmer morgens um 4 Uhr bei einer Poolparty im Hotel endete.
Am Ende blickten alle Teilnehmer beider Regatten auf 10 Tage perfekter Kombination aus Urlaub und Segeln zurück. Die Teilnehmer an Alpenpokal und Weltmeisterschaft konnten bei gutem Südwind mit 3 bis 5 Windstärken an 6 Regattatagen 16 spanende Läufe segeln. Dazwischen lagen allerlei Freizeitaktivitäten, gutes Essen, Traumwetter, und Seglerlatein mit Gleichgesinnten. Auch lebhafte, eher freundschaftliche Diskussionen ob Details der Wettfahrtregeln zum Wegerecht in der Regatta bei der Übersetzung in andere Sprachen verloren gegangen sind, gehörten dazu. Viele der Teilnehmer haben den 32. Alpenpokal im Jahr 2016 schon fest in ihren Kalender aufgenommen und hoffen, dass noch einige H-Boot Segler neu dazu stoßen.
Abschließend möchte sich der Schreiber dieser Zeilen bei Robert Huber (DTYC), Gerhard Fuchs (BYCU) und Gregor Kettler (ETUF) für die sehr ausführlichen Informationen bedanken, die das Zusammenstellen dieses Artikels ermöglichten.
Markus Spiecker
Lesen Sie auch den Bericht von Christopher Nordhoff in der Segler-Zeitung 09/2015.