Alpenpokal
Es hätte alles so schön sein können! Der Alpenpokal 2020 sollte Pfingsten stattfinden. Die Weltmeisterschaft im eigenen Land dann einen Monat später in Warnemünde. Aber dank einer Krise mit „C“ war Anfang Mai weder an Segeln noch an Bella Italia zu denken.
Ende August sollte es dann aber doch noch schön werden: Kurzfristig konnte für den Alpenpokal ein Nachholtermin gefunden werden. In erster Absprache sagten eine handvoll Crews zu und der Fraglia Vela Malcesine (FVM) legte sich stark ins Zeug, sowohl das übliche Wasser-, als auch ein angepasstes Landprogramm zu organisieren. Keine Selbstverständlichkeit, wenn man bedenkt, wie stark gerade Italien zu diesem Zeitpunkt vom Virus betroffen war.
14 Crews fanden schließlich den Weg an den Gardasee. Aus Nord-Ost, Süd und West: Viele „übliche Verdächtige“ waren am Start, aber eben auch ein paar „Neue“ und den Reaktionen aller durfte ich entnehmen, dass es sich mehr als gelohnt hat:
3 Tage Wettfahrten bei Sonne, Sonne und nochmal Sonne sowie Wind zwischen 2 und 4 Beaufort bedeute, wie auch die Jahre zuvor, Segeln in der „italienischen Karibik“, wie es schöner nicht sein kann. Acht von acht Wettfahrten konnten gesegelt werden und sogar einen Abschlussabend mit Vier-Gänge-Menü und Feuerwerk durften wir genießen, für welches Dirk Stadler gefühlt ein ganzes Lagerhaus Raketen und Böller zur Verfügung gestellt hatte.
In der Hoffnung, dass kommendes Jahr wieder mehr „Verdächtige“ und noch mehr „Neue“ sich uns anschließen, will ich einmal kurz skizzieren, wie der diesjährige Alpenpokal verlaufen ist:
Donnerstag Mittag ging es mit den Wettfahrten los. Zu diesem Zeitpunkt hatte ein Großteil des Regattafeldes bereits mehrere Tage Urlaub in Malcesine hinter sich. Ob Kiten, Biken am See oder in den Bergen oder einfach nur Relaxen unter Olivenbäumen, es gibt wohl kaum ein Angebot bei dem vom Sportler bis zur Familienbegleitung nicht jeder auf seine Kosten kommt.
Auch meine Crew war bereits seit Tagen vor Ort. Ich musste aber noch Arbeiten und folgte Mittwoch Abend. Da abends kaum noch Laster unterwegs sind, war ich von München aus in 4,5 Stunden vor Ort, stellte das Boot ab und schloss mich einer elustren Runde im Hotel „Sailing Center“ für einen Absacker an. Philipp „Fips“ Ullherr hatte mir noch spontan ein Zimmer im „Hotel Campagnola“ klar gemacht, da meine Reservierung in der „Casa Rabagno“ erst ab Donnerstag begann. Viele der H-Boot-Segler nächtigten wie üblich in der „Villa Andreis“.
Dies ist nur eine kleine Auswahl an Hotels, die in Gehweite zum Club liegen. Der geübte Alpenpokalist nimmt auch gern mal ein Fahrrad mit. Die Unterkünfte liegen in so kurzer Distanz, dass das Auto sicher stehen bleiben kann und die Wege zwischen Ortsmitte zum Ausgehen am Abend und Club zum Segeln, sich auf ein vernachlässigbares Minimum reduzieren. Frühzeitiges Buchen von Unterkünften ist normalerweise aber sicher nicht verkehrt. Auch ein Campingplatz liegt in Laufweite und bietet einen atemberaubenden Blick über den See.
Donnerstag Vormittag hatten wir uns zum Bootaufbau verabredet. Die meisten Crews hatten bereits eingekrant. Im Hafen vom FVM arbeiten zahlreiche Helfer, die im Umgang mit den H-Booten auf jahrelange Erfahrung zurückblicken können. Angefangen vom Trailer-Fahren, über das Kranen bis hin zum persönlichen Schlepp zur Mooring im Regattahafen – all dies wird übernommen…nur Segeln muss man selber…
Im Normalfall hätten wir uns nach dem Einkranen zu einem „Opening“-Buffet und Skippermeeting getroffen, das aber dieses Jahr entfallen musste. Wann gesegelt wird, ist allerdings auch ohne Briefing klar: Wenn der Vento (aus Nord) verschwunden ist und die Ora (Südwind) kommt, geht es für die Regattaleitung und das Feld aufs Wasser.
Am Donnerstag war das um ca. 13.30 Uhr der Fall. Eine leichte, aber beständige Ora hatte sich eingestellt. Der erste Start musste nochmal wiederholt werden, etwas forsch gingen die 14 Boote an die ausreichend lange Linie. Aber klar, wer beim Alpenpokal ganz vorne dabei sein will, muss auch ganz vorne Starten. Der zweite Start war dann regulär und das Feld jagte Richtung Bucht unterhalb des Sailing Centers.
Dirk Stadler mit Crew gelang das am besten und sie konnten sich mit dem Zieldurchgang den ersten Platz sichern. Ein paar spannende Wendeduelle konnten wir ihnen abverlangen, auch wenn sie letztlich nicht zu unseren Gunsten verliefen und wir höllisch aufpassen mussten, dass das verfolgende Feld, angeführt von Thilo Beuster und Crew, dadurch nicht auch noch profitierte und an uns vorbei ziehen würde. Gerade bei den schwächeren Windbedingungen verzeiht das H-Boot nur wenige extra Wendemanöver.
Im zweiten Rennen des Tages hatten wir es im Kampf um das „Stockerl“ mit Andi Lachenschmid und Fips Ullherr zu tun. Andi hatte sich im ersten Rennen mit Platz 11 noch zurückgehalten, aber es war klar, dass er Größeres vorhat. Wie wir war er mit drei Schotten am Start. Ein Modus, der gern gesegelt wird, auch wenn man sich hierfür ein wenig mehr sortieren muss an Bord.
Im Ziel hatten wir etwas Vorsprung vor Andi, der selber von Fips gejagt wurde. Grundsätzlich war es ein Tag, wo kleine Fehler zu großen Chancen für den Gegner führen konnten.
Einer dieser kleinen Fehler bescherte uns im dritten und letzten Rennen dann nochmal einen Tagessieg. Thilo Beuster war den Start ein kleines bisschen zu offensiv angegangen und musste beim Zieldurchgang mit einem OCS leben. Gleiches galt für Martin Köhle und Dirk Stadler, die sich am Start noch die bessere Position unter uns am Pin-End gesichert hatten, aber zum Start nicht mehr hinter die Linie kamen. Gerhard Miete freute sich daher über Platz zwei und Andi Lachenschmid fand den Anschluss an die Spitze mit Platz 3.
Am Gardasee gibt es ein spezielles Reglement. Bei acht Rennen werden zwei Streicher möglich. Ursprünglich war dies eingeführt worden, um Crews, die unbedingt die Teilnahme an den Vento-Wettfahrten (typischerweise morgentlicher Nordwind) auslassen möchten, auch um dem Sieg fahren lassen zu können. Die letzten Jahre war aber Vento nur selten gegeben und die Ora meist sogar stärker. In diesem Jahr war der Vento während der Regatta sogar nahezu ganz ausgeblieben.
Für Freitag war daher Startbereitschaft für 13.15 Uhr angesetzt. Ob Ausschlafen oder eine morgendliche Biketour, eine „Sail-Life-Balance“, die seinesgleichen sucht und wieder mit drei super Wettfahrten enden sollte, war geboten. Überflüssig zu erwähnen, dass Ölzeug am Gardasee meistens nur wegen Murphys-Law mitgenommen werden muss.
Mit von der Partie waren jetzt die Esse-850-Boote, die Ihren Europacup austrugen. Selten aber doch kamen wir gemeinsam mit diesen schönen Booten und ihren rund 80m²-Genacker gemeinsam an die Tonnen. Das garantierte noch ein bisschen mehr Spannung. Davon unbeeindruckt sicherte sich im ersten Tagesrennen Fips Ullherr mit seiner Stammmannschaft Stefan Freitag und Bernd von Hoermann den Sieg. Wir freuten uns über den zweiten Platz, gefolgt von Andi Lachenschmid mit Crew. Im zweiten Rennen des Tages musste sich Andi dann aber mit dem dritten und Fips mit dem zweiten Platz zufriedengeben, während uns der erste Tagessieg gelang. Als wir im dritten Rennen das noch einmal wiederholen und somit vorzeitig den Alpenpokal für uns auch entscheiden konnten, war die Freude entsprechend groß. Fips und Crew bauten ihren Vorsprung durch einen zweiten Platz auf Andi Lachenschmid, der auf Platz 7 diese Wettfahrt beendete, aus. Wie aber bereits beschrieben, war dank zwei Streichern auf dem restlichen Stockerl noch nichts entschieden.
Normalerweise wäre jetzt die in den Hafen kehrende Flotte bei einer vom FVM angerichteten „Pasta-Party“ in Empfang genommen worden. Frische Pasta, die direkt draußen zubereitet wird und mit einer kühlen Erfrischung den Regattatag abrundet sowie verlorene Energie zurückbringt. Im kommenden Jahr wird aber auch das hoffentlich wieder möglich sein.
Am Samstag wurde erstmal wieder ausgeschlafen, der Vento schien nicht zu aussichtsreich zu sein und so war die Starbereitschaft wieder auf 13.15 Uhr gelegt worden. Es sollte der Tag mit dem meisten Druck werden, an Sonne und Temperaturen änderte sich hingegen nichts. Altmeister Dirk Stadler meldete sich mit einem Rennsieg zurück, dahinter kam Fips Ullherr und machte einen riesen Schritt in Richtung Gesamtzweiten, allerdings war Andi Lachenschmid mit einem vierten Platz hinter uns immer noch in Schlagdistanz. Im letzten Rennen wiederholte Dirk seinen Rennsieg, gefolgt von Andi Lachenschmid. Dies reichte jedoch Andi nicht, um an Fips im Gesamtklassement noch vorbei zu ziehen.
Die alljährliche abendliche Siegerehrung in wunderschönem Ambiente direkt am Wasser bei untergehender Sonne, wurde von einem Vier-Gänge-Menü eingerahmt. Jetzt hatte sich ein ordentlicher Vento eingestellt. Ohne Probleme konnte jedoch die gesamte Gesellschaft draußen sitzen, es wurde eine großzügige Tischordnung vom Club vorgegeben. Bei ausgelassener Stimmung, guten Gesprächen und Vorfreude auf das kommende Jahr, ging der Alpenpokal 2020 mit dem angesprochenen Feuerwerk zu Ende.
2021 wird es wieder einen Alpenpokal geben. Hoffentlich auch wieder im „Normal“-Modus. Dann ist das Level von ambitioniertem Segeln und großem Freizeitwert sicher noch einmal höher. Wer sich davon überzeugen möchte, möge sich doch einfach den „üblichen Verdächtigen“ anschließen. Jene stehen im Vorfeld auch sicher mit Rat und Tat zur Seite, sodass wir wieder ein angemessenes Feld in dem wohl schönsten Revier südlich der Republik vorzeigen können.
Mit Seglergruß
Peter Zauner, Basti Henning, Frederick Schaal und Vera Maag (GER 1663)