Sjaelland Rundt 2018
Sechs deutsche H-Boote beim legendären Race „Sjaelland Rundt 2018“
7 Meldungen, 6 Starter, 3 Havarien, 2 gültige Wertungen. Das ist in Kurzform das Ergebnis des diesjährigen, seit 1947 ausgetragenen Rennens um die dänische Hauptinsel Seeland über rund 230 sm Idealkurs in der smallboat-Klasse. Letztlich sind es rund 270 sm mit den unvermeidlichen Kreuzkursen bei uns geworden. Etwas über 150 Starter gingen auf die Piste, Singlehanded first. In den 70ern waren es bis zu 1.500 und damit war es eine der weltgrößten Regatten! Die verschiedenen Startergruppen waren auch diesmal über den ganzen Tag verteilt.
Das Wetter war gut, aber der Wind war teils recht hart, der Seegang entsprechend. Zu hart für manches Boot, wie sich gegen Ende des Rennens mir zeigte. Allein in unserer H-Boot-Gruppe sind 3 Boote wegen Havarien ausgefallen: Freund Florian erlebte mit GER 823 zuerst den Bruch des Vorstags mit der anschließenden Folge Mastbruch. Ein Tonnenleger kam nach seiner PanPan-Meldung (CH16) zu Hilfe. Freund John hatte auf GER 1203 einen Brecher als ungebetenen Gast an Bord mit Folge tablet (Plotterersatz) und Seekarten komplett zerstört. Weitere Navigation aus dem Gedächtnis führte zum satten grounding. Ein Bergungsschlepper half aus der Misere. Bei Volker und Christian verabschiedete sich auf DEN 46 die Fockschotleitöse samt Decksbeschlag; Aufgabe. Auch auf GER 1176 war ein “Einsteiger“ zu beklagen, aber ich hatte Glück. Ich lief wegen Gefahr zur Patenthalse unter Fock ab, war dadurch für den rd. 2 m Seegang (vereinzelt 3 m!) zu langsam. Da das Großsegel beigebändselt über dem geöffneten Niedergang lag, hielt das einen Großteil ab. Die Navigation spielt sich bei mir vorne am Kartentisch ab, so dass es bei “etwas Nässe im Schiff“ blieb. Wofür hat man Lappen und Pütz mitgenommen? Auf GER 431 wurde auf diesem Kurs eine Spitzengeschwindigkeit von 11,4 kn gemessen. Das ist doch mal was oder?
Es ging links herum. Bis zum ersten Abend waren die Verhältnisse sehr moderat, von WNW3 ging es über Tag auf WNW 4 Bft, zwischendurch schwächer. Am Abend änderten sich die Verhältnisse auf ca. W 5, später 6 Bft, Böen deutlich mehr und das nach Mitternacht an der kritischen Stelle von Sjaellands Rev an der Nordküste. Etwas ungemütlich die enge Passage durchs “Snekkelöb“ in dunkler Nacht bei Wind und See gegenan. Am anderen Morgen der ausgeprägte Seegang im Großen Belt von achtern lud auch nicht zum Entspannen ein. Danach Flauten am 3. Tag bis zum Verzweifeln und schließlich auf der “Zielgeraden“ im Öresund aufkreuzen gegen NNW 5 zunehmend, mit Verkehrs-trennungsgebiet (für die Großschifffahrt) auf der StB-Seite, permanentem Fährverkehr (der zu queren war) und zusätzlicher Sportschifffahrt, die unsere Wimpel im Achterstag nicht in der Lage war freundlich zu deuten. Noch 2 sm vor der Ziellinie, quasi imSchatten von Schloss Kronborg, war ich gezwungen, das 2. Reff einzubinden. Es setzte Strom nach S, das Boot war bei NNW 6-7 Bft im ruppigen Seegang (rd. 2 m) anders nicht mehr zu halten. Der Pinnenpilot hatte längst aufgegeben: singlehanded eben!
Ich war nach rd. 60h reiner Segelzeit (die Pflichtruhezeit betrug 3 x 4 h, das machte bei mir realistisch 3 x 1h Schlaf in 3 ½ Tagen!) nicht nur völlig fertig, sondern auch total überrascht. Es war gar nicht zu fassen, was die Dänen da veranstaltet haben. Und was besonders toll war, alle H-Bootsegler waren zu meinem Zieleinlauf noch da, obwohl sie mit ihren havarierten Booten längst hätten auf der Autobahn sein können. Champagnerempfang durch den Helsingör Sejlklub mit der ganzen Führungsriege und Damenaufgebot vor meinem Boot am gesperrten Steg vor dem Clubhaus. Escorte, Flaggenparade, Wimpeltausch, Presse, Fotos, Champagner alles unglaublich. Die deutsche H-Boot-Gruppe hat ein ungeheures Interesse dort geweckt. H-Boote anderer Nationen waren nicht vertreten. Wir haben eine völlig ungeahnte Aufmerksamkeit erfahren. Presseinterviews mit Roland und Jens vor dem Rennen, Fotoberichte über die H-Boot-Gruppe und von meinem Zieleinlauf in der Landespresse und im Internet. Gratisliegeplatzangebote für H-Boot-Teilnehmer in fremden Häfen usw. Das war seit Jahren DIE Werbeveranstaltung für die Deutsche H-Boot Klassenvereinigung. Wir haben das abends gemeinsam gefeiert.
Bei den doublehanded gestarteten Booten erreichte Roland Horn aus Berlin mit seinem Vorschoter Jens auf GER 431 per nonstop-Fahrt in 56,5h - lange vor mir - das Ziel. Doublehanded-Boote müssen keine Zwangspausen einlegen und sind dadurch zeitiger rundum. Herzliche Gratulation lieber Roland! Eine respektable Leistung. In der singlehanded-group erreichte Peer Mittl mit GER 1065 nach rd. 59h reiner Segelzeit das Ziel vor mir, wurde aber wegen Regelverletzung disqualifiziert. Übrig bleibt GER 1176. Das bisher einzige H-Boot, das das Rennen einhand regelgerecht bewältigt hat. Es wurde ein Empfang inszeniert, von dem Oceanracer träumen.
Ich muss meinen Segelfreunden ein großes Lob aussprechen, für die praktizierte Seemannschaft und die gezeigte Ausdauer. Ich finde es toll, dass Ihr durchgehalten habt, solange es nötig war oder solange es möglich war. Ganz besonders dankbar bin ich aber dafür, dass trotz der nicht geringen Havarieschäden kein Personenschaden zu verzeichnen ist. Die Havarieberichte haben mich nach dem Rennen regelrecht erschrocken. Die Verhältnisse waren in der ersten Nacht und am zweiten Tag rau, umso mehr spricht das Ergebnis für die hervorragende Seemannschaft der dort aktiven H-Bootsegler. Mein Respekt!
Wir alle haben bedauert, dass unser Freund Henning aus Hamburg (GER 1043) wegen seiner schweren Erkrankung nicht mit dabei sein konnte, denn von ihm kam der Anstoß zu dieser Aktion.
Michael Röhrig
GER 1176 / Semper Fidelis
Beauftragter Fahrtensegeln
Deutsche H-Boot Klassenvereinigung