Von den Besten lernen
Es schiffte. Und weil das Wort das einzig Schöne daran ist, gleich nochmal: Es schiffte die ganze Zeit. Das hat man nun davon, wenn man schon ein paar Tage nach Ostern in Berlin aufs Wasser geht, noch vor dem offiziellen Saisonauftakt, um sich auf eben diesen seglerisch vorzubereiten. Nichts als Regen, in allen erdenklichen Konsistenzen – nieselnd, tröpfelnd, sprühend, pladdernd. Kalt war es auch. Und Wind gab es kaum.
Dennoch waren zehn H-Boot-Crews der Einladung von Sven Hansen (Regionalobmann Nordost), Thomas Kausen (Trainer) und Alexander Eilhardt (Berliner Yacht-Club, BYC) in eben diesen Verein zum zweitägigen Traning gefolgt, um von den Besten zu lernen. Geleitet wurde das zweitägige Training vom mehrfachen Deutschen Meister Thomas Kausen, der sich den Segelmacher Werner Fritz an die Seite geholt hatte. Dass der Bayer den langen Weg nach Berlin fand bei dem Wetter, ist ihm hoch anzurechnen. Schließlich fuhr noch Holger Köhne auf einem Begleitboot mit, der vom bloßen Zuschauen so viel mitnahm, dass er eine Woche später gleich mal die Frühlingswettfahrten gewinnen sollte. Vielleicht brauchte er das alles aber auch gar nicht und hatte einfach Bock auf eine nasse Hose.
Lange hatte Sven Hansen für dieses Training gekämpft, das einigen Organisationsaufwand mit sich bringt. Schon allein die ganzen Absagen in letzter Minute, deretwegen die Club-Gastronomie neu auf Kurs gebracht werden musste. Und auf den Trainingsplan wirkte sich das ebenfalls aus.
Am ersten Tage wurden Starts sowie die grundlegenden Manöver von Up-and-Down-Kursen geübt. In schneller Folge ging es auf eine kurze Runde. Wobei sich eine von Kausens Vorgabe als praktisch undurchführbar erwies, nämlich diese: Je nach Farbe der Start-Flagge sollten sich die Boote in der Reihenfolge ihrer Segelnummern – rot: absteigend, grün: aufsteigend – an der Linie aufreihen und dort „ihren Platz verteidigen“. Klang super in der Theorie. Doch der Berliner ist ein halber Anarchist. Sein ist die blaue Flagge: Jeder darf starten, wo er will. Dabei war es ein großer Luxus, dass der BYC sein Startschiff mit einer kompletten Besatzung gestellt hat, deren frisch gebackener Wettfahrtleiter es auch für sich und sein Team als hilfreiches Trainings empfand. Einen großen Dank dafür!
Einige Crews segelten erstmals zusammen, während man anderen jahrelange Übung ansehen konnte. Dennoch blieb das Feld bei leichter Brise aus Nordost (sehr selten in Berlin) meist eng beisammen, die Große Breite hatten die H-Boote bei dem Wetter ohnehin exklusiv.
Derweil pickten sich Werner Fritz und Thomas Kausen immer wieder einzelne Boote heraus, um Segeltrimm und Manöver zu begutachten, Verbesserungsvorschläge zu geben. Alles wurde gefilmt, Kausen schickte sogar eine Drohne in den grauen Himmel, um an Hand der Luftaufnahmen beim Debriefing zu erläutern, wie Tonnen optimal angesteuert und Manöver eingeleitet werden sollten. Das und das Anschauungsmaterial, das Werner Fritz von den Segelprofilen lieferte, gaben in der abendlichen Runde einen lehrreichen Einblick in die oft vernachlässigten Aspekte des Schnellsegelns.
Am zweiten Tag sollten die Fehlerquellen dann systematischer abgestellt werden. Doch regnete es wieder und Wind war noch weniger, so dass der Ausflug aufs Wasser kürzer geriet. Hilfreich war er allemal. Und es ist zu hoffen, dass sich vor allem einige der Neulinge von der langen To-Do-Liste nicht abschrecken lassen und die Regattafelder künftig in Berlin vergrößern.
Denn einen Effekt hatte das Training auch: Die Berliner H-Boot-Segler haben sich besser kennengelernt in der Gastfreundlichkeit des BYC und den Wert schätzen gelernt, den es hat, wenn „die da vorne“ ihr Wissen mit ihren Verfolgern teilen. Kai Müller